Leichtathletik
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Emotionale Erfolge
Hinter den Kulissen meiner Karriere als Mehrkämpfer

Speerwurf Jerusalem
An den Mehrkampf-Schweizermeisterschaften in Basel, inmitten der Vorbereitung auf die U20-Europameisterschaften ereignete sich im Speerwurf ein einschneidender Moment, der meinen Traum zu einer EM-Medaille ins Wanken brachte. Bei meinem zweiten Wurf im Wettkampf riss ich mir das Innenband im Ellbogen an, eine Verletzung, die fast das Saisonende bedeutete. Trotz intensiver Behandlung und Rehabilitation waren die Schmerzen im Arm immer spürbar, was mir in der Vorbereitung auf Jerusalem grosse Sorgen bereitete. Doch ich war fest entschlossen, bei den Europameisterschaften mein Bestes zu geben.
Die Spannung und Nervosität waren greifbar, als die zweitletzte Disziplin näherkam. Ich wusste, dass ich im ersten Versuch alles riskieren musste, um meinen Ellenbogen nicht weiter zu gefährden. Denn im Stabhochsprung erzielte nicht die gewünschte Leistung und somit war mir klar, dass ich im Speerwurf alles auf eine Karte setzen musste, um mein Ziel, die 8000 Punktemarke, zu erreichen.
Der erste Wurf war nicht optimal, und die Schmerzen schienen unüberwindbar. Doch in diesem Moment des Zweifelns fand ich eine tiefe Entschlossenheit, welche mich über mich selbst hinauswachsen liess. Mit einem letzten Versuch, getrieben von dem Gedanken an die 8000 Punkte, gelang es mir, eine neue persönliche Bestleistung von 59,15 Metern zu erzielen – ein Erfolg, der nicht nur meine eigenen Erwartungen übertraf, sondern auch mein grosses Ziel greifbar machte.
Dieser Moment der Erleichterung war für mich so einschneidend, dass Tränen der Freude flossen. Gemeinsam mit meinen Zehnkampf-Freunden und meinem Coach teilte ich diesen unvergesslichen Augenblick. Ihre Unterstützung machte den Moment noch bedeutungsvoller.
Schlüsselmoment zur Leichtathletik
Der Schlüsselmoment, welcher mich vollständig für die Leichtathletik begeisterte, ereignete sich, als ich zum zweiten Mal am UBS Kids Cup teilnahm. Ohne vorher spezifisches Leichtathletiktraining absolviert zu haben, konnte ich den Schweizerfinal gewinnen. In den drei Disziplinen 60m Sprint, Ballwurf und Weitsprung hatte ich in meinem Jahrgang die Nase vorn.
Was mich jedoch am meisten begeisterte, waren die Stars, die als Ehrengäste von Weltklasse Zürich im Stadion anwesend waren. Ein unvergesslicher Moment war es, als mir Alexander Thorkildsen persönlich die Goldmedaille überreichte. Dieser Augenblick, in dem ich neben einem Weltklasse-Athleten stand und für meine Leistung geehrt wurde, war der entscheidende Moment, der meine Leidenschaft für die Leichtathletik entfachte.
Joel Temeng
Eine besondere Geschichte handelt von meinem Leichtathletik-Rivalen und sehr guten Freund, Joel Temeng. Unsere Geschichte begann, als ich in jungen Jahren noch oft Wettkämpfe gewonnen habe. Doch als Joel in der Leichtathletikszene auftauchte, änderte sich dies. Von diesem Zeitpunkt an landete ich immer auf dem zweiten Platz, egal wie gut mein Wettkampf verlief. Joel schien unschlagbar.
Diese Rivalität setzte sich auch in unseren ersten Mehrkämpfen fort, damals noch im Sechskampf. Leider wurde Joel dann von einer langen Serie von Verletzungen geplagt, während ich davon verschont blieb. Letztes Jahr konnte Joel zum ersten Mal wieder einigermassen verletzungsfrei Wettkämpfe bestreiten. Wir reisten gemeinsam nach Jerusalem zur Junioren Europameisterschaft – eine unglaubliche Erfahrung. Es ist so schön, jetzt zurückzublicken und zu sehen, dass wir schon mit acht Jahren zusammen Wettkämpfe bestritten haben und nun an der europäischen Spitze gegeneinander antreten können.
Unsere Rivalität war jedoch schon immer kollegial. Wir besuchten zusammen Nachwuchscamps und waren immer die Athleten, die auf dem Wettkampfplatz für einen Spass oder Spruch zu haben waren. Wir teilen eine tiefe Verbundenheit. Wenn ich Joel beschreiben müsste, würde ich erstens seinen Humor und als zweites seine Vergesslichkeit nennen. So kam es schon vor, dass Joel sich nicht rechtzeitig für einen Wettkampf angemeldet hat, im Call Room fehlte oder seine Spikes irgendwo verloren hatte.
Trotz aller Herausforderungen und Rückschläge, die Joel und ich erlebt haben, verbindet uns eine starke Freundschaft und die gemeinsame Leidenschaft für die Leichtathletik. Es ist eine Mischung aus Rivalität und Kameradschaft, die unsere Reise so einzigartig und wertvoll macht.
Freundschaft mit Amadeus
Mein zweiter emotionaler Erfolg handelt von der Freundschaft zu Amadeus Gräber, dem Jahrhunderttalent im Mehrkampf und Sieger der U20 Europameisterschaft im Zehnkampf. Innerhalb von nur zwei Wettkampftagen entwickelten wir eine tiefe Verbindung, wie ich sie noch nie zuvor erlebt hatte. Wir teilten unvergessliche Momente zusammen, feuerten einander an, halfen einander noch schneller, weiter und höher zu kommen. Ich und Amadeus teilten dieselbe Gelassenheit und mentale Klarheit. Wir reisten mit dem gleichen Ziel an die EM und lieferten beide einen unglaublichen Wettkampf ab. Für mich war klar, dass diese Freundschaft über den Zehnkampf hinaus gehen wird und ich mit Amadeus noch viele weitere Jahre in der Zehnkampf-Welt verbringen möchte. Ich freue mich jetzt schon darauf Amadeus, bald wieder zu sehen und wünsche ihm nur das Beste für seine Saison 2024.
Mehrkampfteam Appenzellerland Sport
Ein weiterer emotionaler Erfolg für mich ist meine Mehrkampf-Trainingsgruppe, die mich täglich im Training begleitet. Angeführt wird die Gruppe von Simon Ehammer, dem Schweizerrekordhalter im Zehnkampf und Weitsprung sowie mehrfacher internationaler Medaillengewinner. Er hat in mir das Feuer für den Zehnkampf entfacht. Als junger Leichtathlet habe ich immer zu ihm aufgeschaut und wollte all seine Rekorde brechen.
Die zweite Person in unserer Mehrkampfgruppe ist Antonia Gmünder. Ich kenne sie am längsten, da sie ihre Leichtathletikkarriere im gleichen Verein wie ich im LAG Gossau startete. In Teufen haben wir uns dann wiedergefunden. Sie ist zwei Jahre älter als ich, Siebenkämpferin und eine hervorragende Hürdenläuferin. In der Gruppe wird sie liebevoll „Mama“ genannt, weil sie sehr organisiert ist und sich um uns alle kümmert.
Cédric Deillon trainiert seit mehreren Jahren mit mir. Er ist ein Jahr jünger als ich und wir haben schon zusammen in der gleichen Kategorie Wettkämpfe bestritten. Cédric gehört auch abseits des Wettkampfplatzes zu meinen besten Freunden. Unsere Freundschaft geht über die Leichtathletik hinaus.
Das jüngste und neueste Gesicht in unserer Mehrkampfgruppe ist Nils Grob, ein ausgezeichneter Hürdenläufer und vielversprechendes Mehrkampftalent. Nils bringt frischen Wind ins Team und verfolgt ebenfalls das Ziel, die persönlichen Bestleistungen und Rekorde zu brechen, die wir ihm vorgelegt haben.
Diese Gruppe zusammen mit unserem genialen Trainerteam ist für mich nicht nur eine Trainingsgemeinschaft, sondern eine zweite Familie. Zusammen teilen wir nicht nur die Herausforderungen und Erfolge des Trainings, sondern auch eine tiefe Freundschaft und gegenseitige Unterstützung, die mich täglich motiviert und inspiriert.